Raum:
GB 7/148
Tel:
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Email: dirk.brunke@ruhr-uni-bochum.de
Zum 1. Oktober 2024 wechsel ich vorläufig an die Freie Universität Berlin. Ich betreue jedoch weiterhin Abschlussprüfungen (mündliche MAP sowie BA/MA-Arbeiten) für TeilnehmerInnen meiner an der RUB gehaltenen Seminare.
Derzeit laufendes DFG-Forschungsprojekt Reise - Schiffbruch - Gefangenschaft. Mitleid in der iberoromanischen Autobiographie der Frühen Neuzeit (seit Oktober 2022). Weitere Informationen siehe den Reiter "DFG Projekt".
Wissenschaftliche Tätigkeit
Internationales
Habilitationsprojekt Reise – Schiffbruch – Gefangenschaft. Mitleid in der iberoromanischen Autobiographie der Frühen Neuzeit (seit Oktober 2022, DFG-gefördert)
Mitglied im DFG-Netzwerk An den Rändern der Moderne. Konvergierende Subjektkonzeptionen zwischen Vor- und Nachmoderne (seit November 2023)
Herausgabe des Dossiers "Frau – Macht – Körper. Verfügungen über den weiblichen Körper in der frühneuzeitlichen Romania" (mit Corinna Albert und Marina O. Hertrampf). Erscheint 2024 in: HeLix. Dossiers zur romanischen Literaturwissenschaft
DAAD/PROBRAL-Projekt: Diskurse über das Epos in den lusophonen Kulturen des 19. Jahrhunderts/Discursos sobre a épica nas culturas lusófonas do século XIX
Forschungskolloquium "Einsatz der Affekte: Momente der Alteritätserfahrung im Schrifttum der europäischen Expansion, 1460–1700" (mit Hendrik Schlieper). 29. März bis 30 April 2022 an der Ruhr-Univerität Bochum: Programm. Die Publikation "Einsatz der Affekte" ist 2024 bei Brill/Fink erschienen.
Mit Corinna Albert: Wissenschaftliche Herausgabe von María de Zayas: Desengaños amorosos (1647) in deutscher Übersetzung.Gefördert durch die FONTE Stiftung zur Förderung des geisteswissenschaftlichen Nachwuchses (Berlin).
Dissertationsprojekt: Das romantische Epos am Río de la Plata. Subjektivität und Lyrisierung
Reise - Schiffbruch - Gefangenschaft. Mitleid in der iberoromanischen Autobiographie der Frühen Neuzeit
Das Projekt geht von der Beobachtung aus, dass die Narrativik der frühneuzeitlichen Iberoromania, insbesondere ein Textkorpus, das sich aus dem Schrifttum der Expansionszeit speist, eine spezifische Konfiguration von Mitleid aufweist. Im Zentrum der Analyse stehen Reise-, Schiffbruch- und Gefangenschaftsberichte der iberischen Expansionszeit, deren erzählte Leiderfahrungen in den Dienst einer Mitleidserregung gestellt werden. Teils explizit, teils implizit wird das Auslösen von Mitleid als wirkungsästhetischer Effekt bestimmt, also eine Affektrhetorik verfolgt, die für die frühneuzeitliche Kultur in Europa vornehmlich im Hinblick auf die Tragödie und die Passionsthematik theoretisiert und untersucht ist. Das Literatursystem der spanischen und portugiesischen Frühen Neuzeit grenzt sich davon jedoch ab. Unter dem maßgeblichen Einfluss von Lope de Vegas Dramenpoetik Arte Nuevo (1609) erhält die Mitleidserregung im Theater keine zentrale Relevanz. Im Unterschied zum restlichen Europa ist auf der Iberischen Halbinsel somit eine Absenz dramatischer Mitleidsrhetorik, auch im poetologischen Diskurs zu verzeichnen. Dieser Mitleidsleerstelle im Hinblick auf die Dramatik steht eine auffällige Mitleidspräsenz in der Narrativik gegenüber.
In historischer Sicht greifen die benannten Leiderzählungen zwar die religiös geprägte Zentralstellung von Leid im Kontext der (com)passio-Thematik und der devotio moderna auf, also jener Frömmigkeitsbewegung, die seit dem Mittelalter eine Glaubensfestigung (edificatio) auch über das mitleidige Nacherleben der Passion Christi anstrebt. Anders jedoch als diese spezifisch religiöse Funktionalisierung des Mitleidens machen die Autoren der in Frage stehenden Texte ihre Leiderfahrungen in textpragmatischer Hinsicht nicht für die Glaubensfestigung, sondern für individuelle ökonomische Zwecke nutzbar. Die Affektrhetorik des Mitleids hält also aufgrund pragmatischer Erwägungen Einzug in die Textsorte des Berichts, deren ansonsten ‚nüchterner' Charakter nachgerade als affektfrei gelten kann. Das Projekt erschließt demnach Mitleid in einer für die iberische Frühe Neuzeit spezifischen Form, nämlich der Ausgestaltung von Mitleid mit erzählerischen Mitteln. Eine Analyse der eingesetzten Affektrhetorik und ihrer wirkungsästhetischen Dimensionen legt offen, dass sich in den originär nicht der poetischen Dichtung zugehörigen Texten eine literarische Mitleidsdimension öffnet. Schließlich ermöglicht die affektrhetorische Diskursivierung von Leiderfahrungen auf wirkungsästhetischer Ebene, dass das Leiden im Akt der Lektüre affektiv nachvollzogen werden kann, ja dass dem mitleidigen bzw. mitleidenden Leser die Lektüre zu einem ästhetischen Erfahrungsmoment wird.